Sporttherapeutische Expertise und Neuro-Knowhow: Wer in der Physiotherapie-Praxis Tennissportler professionell begleiten möchte, braucht mehr als Tape und Therabänder. Lesen Sie, wie Sie Spielerinnen und Spieler professionell begleiten und als lukrative Zielgruppe für Ihre Praxis gewinnen können – nicht nur in der Rehaphase nach Verletzungen. Essenziell ist nämlich auch eine gute Betreuung in Training und Prävention. Sie verheißt den Sportlern eine verletzungsarme Saison – und den Physiopraxen willkommene Selbstzahlerleistungen.
Ob auf dem Centre Court in Wimbledon oder beim Punktspiel im heimischen Club: Tennis ist ein herausfordernder Sport, der den Athletinnen und Athleten komplexe physische und mentale Leistungen abverlangt. Diese schafft man nur, wenn Körper und Geist topfit sind – und hierfür braucht es professionelle Begleitung. Deshalb lassen sich Tennissportler oft schon in jungen Jahren neben dem normalen Training auch von Physiotherapeuten und Mentaltrainern unterstützen – eine große Chance für Physiopraxen, die weit über Kassenleistungen hinausgehen kann.

Die Basis: Breite Expertise in Sportphysiotherapie und Manualtherapie
In Kiel und Umgebung hat sich der Physiotherapeut Tim Höper mit seinem Reha-Zentrum MARE AKTIV auf die professionelle Betreuung von Leistungssportlern spezialisiert, darunter internationale Tennisgrößen wie Angelique Kerber, Sabine Lisicki und Julia Görges. Momentan betreut Höper das Tennis-Doppel-Team Alexandra Panova und Ellen Perez sowie die Fußballer von Holstein Kiel und den deutschen Handball-Rekordmeister THW Kiel.
Wer Tennisspieler physiotherapeutisch begleiten möchte, braucht gute Kenntnisse der Sportart und sollte mit den Anforderungen vertraut sein, die intensives Training und regelmäßige Wettkämpfe mit sich bringen – idealerweise gestützt durch einen eigenen sportlichen Hintergrund. „Solide Ausbildungen in Manualtherapie und in Sportphysiotherapie sind essenziell“, sagt Tim Höper. Nur so könne man die speziellen Anforderungen im Tennis wirklich abdecken: Trainingssteuerung und Verletzungsprophylaxe, Regeneration, Umgang mit Verletzungen, Taping und vieles mehr. „Wenn ich manualtherapeutisch breit aufgestellt bin, kann ich beispielsweise kurz vor einem Spiel nochmal eine Blockade lösen oder ganz gezielt ein Tape ansetzen, etwa wenn jemand häufig Probleme mit dem Sprunggelenk oder der Patellasehne hat.”

Core-Training: Der Rumpf als Zentrum jeder Bewegung
Geht es um Tennis und Muskeln, denkt man zunächst an Arme, Beine und schnellen Aufschlag. Doch Tim Höper betont: „Der wichtigste Muskelbereich beim Tennis ist der Rumpf, also Rücken-, Bauch-, Hüft- und Gesäßmuskulatur.“ Schließlich ist die sogenannte Core-Stabilität das Fundament für jede Bewegung. Ob Aufschlag oder Netzspiel, ob Vor- oder Rückhand – es braucht den Schwung des gesamten Körpers, um eine entsprechende Schlagkraft zu entwickeln. Ist das Körperzentrum nicht stabil, wird die Schulter überlastet, die Wirbelsäule leidet, und auch die Fußstellung kann instabil werden. „Wenn jemand 150 Aufschläge macht, kann das die Schulter nicht alleine stemmen,” so Höper. „Wir sehen zum Beispiel häufig kleine muskuläre Verletzungen in der Bauchmuskulatur, weil die kompensieren muss, wenn der Rumpf nicht stabil ist.”
Besonders bei Kindern und Jugendlichen sieht der Sporttherapeut im Core-Bereich häufig Defizite, die sich jedoch mit einfachen Mitteln ausgleichen lassen. Seine Empfehlung: spielerisches Rumpftraining. Ob Animal Walks, Fangspiele oder Übungen mit Thera- und Minibändern – alles, was Spaß macht und den Rumpf fordert, ist hilfreich.

Fußarbeit für ein stabiles Fundament
Genauso wie der Rumpf wird auch der Fuß im Tennistraining häufig unterschätzt. „Der Fuß ist das Fundament und mit über 300 Strukturen ein hochkomplexes Gebilde. Wer hier instabil ist, riskiert Sprunggelenksverletzungen – gerade bei Richtungswechseln auf Sand,“ erklärt Tim Höper. Beispiele wie Alexander Zverevs dreifacher Bänderriss bei den French Open 2022 zeigen, wie gravierend die Folgen sein können, wenn der Körper die immensen Flieh- und Scherkräfte nicht mehr halten kann. Viele Verletzungen, wie etwa das bei Amateuren weitverbreitete Umknicken, lassen sich jedoch durch Fußmobilisation und gezieltes Beinachsentraining vermeiden. Wichtig ist, stets die gesamte Kette vom Fuß über das Knie- bis zum Hüftgelenk und zu den Gesäßmuskeln zu trainieren, um beispielsweise beim Aufschlag einen festen Stand und die notwendige Explosivkraft vorhalten zu können.

Eine Linie der Kraft: Vom Schultergürtel bis zum Schläger
Schulter, Ellbogen und Handgelenk gehören im Tennissport zu den am stärksten belasteten und damit besonders verletzungsanfälligen Gelenken. Der klassische Tennisarm oder Tennisellbogen, Instabilitäten und muskuläre Dysbalancen entwickeln sich häufig infolge einseitiger Belastung. „Die Schulter ist ein rein muskulär gesichertes Gelenk – entsprechend wichtig ist die Stabilität durch eine starke Muskulatur und auch die Zusammenarbeit zwischen Rumpf und Armen. Wer den Schlag nur aus dem Arm holt, überfordert das Gelenk langfristig“, so Sportphysio Tim Höper. Für Griffkraft und Stabilität in den Handgelenken empfiehlt der Experte funktionelles Krafttraining mit kleinen Tools wie Minihanteln, kleinen Gummibändern oder Softbällen.

Neuro-Coaching: Gehirn und Körper im Einklang
In jüngster Zeit spielt auch Neuro-Coaching im Sport eine immer größere Rolle, das physiologisches Wissen mit Erkenntnissen aus der Hirnforschung und diversen Coaching-Methoden verbindet. „Leistungssportler im Tennis müssen ja nicht nur körperlich sehr widerstandsfähig sein, sondern auch mental viel aushalten”, sagt Tim Höper. „Die stehen bei Grand-Slam-Turnieren manchmal für mehr als fünf Stunden auf dem Platz – gerade gesehen beim Finale der French Open zwischen Sinner und Alcaraz.” Solche Höchstleistungen lassen sich nur abrufen, wenn Körper und Geist optimal zusammenarbeiten.
Natürlich engagieren Profisportlerinnen und -sportler spezialisierte Mentaltrainer, um derartige Höchstleistungen zu erbringen. Im Amateurbereich aber können gut ausgebildete Physios die erwünschten Prozesse durchaus unterstützen. „Das ist mehr als eine Spielerei mit Tennisbällen“, betont Tim Höper. Mit Reaktionsspielen, der Verbindung von visuellen Reizen und Bewegung oder komplexen Aufgaben-Kombinationen werden die Athleten kognitiv und motorisch gefordert und können so ihre Leistungsfähigkeit optimieren. „Diese Art des Trainings verbessert Fokus und Reaktionsgeschwindigkeit – beides Schlüsselqualitäten im Tennis.“ Wer als Physiotherapeut oder -therapeutin hier tiefer einsteigen will, absolviert am besten eine gute Ausbildung für Neuro-Coaching im Sport.
Tools und Technik: Was brauche ich wirklich?
Für die physiotherapeutische Arbeit im Tennisbereich empfiehlt Höper Tools, die auch sonst in Sport und Reha wertvolle Dienste leisten:
- Kraftgeräte wie die Linien compass 540 und compass 600 von proxomed oder die Kraftgeräte von ERGOFIT, idealerweise mit Software-Unterstützung für Trainingsplanung und -steuerung (proxoforce)
- Therabänder und Minibänder
- Faszienbälle, Lacrosse-Bälle
- Faszienrollen und weitere Faszien-Tools
- Trainingshilfen für Rumpf und Fußmobilität
- Hanteln verschiedener Größen
- Tape-Materialien

Isokinetik und AlterG: High-Tech für detaillierte Analysen und schnelle Reha
Sollten Sie die Betreuung von Leistungssportlern zu einem Schwerpunkt Ihrer Praxis machen wollen, leistet auch ein isokinetisches Test- und Trainingssystem wertvolle Dienste. So lassen sich mit dem Humac Norm oder Biodex 4 und der dazugehörigen Software muskuläre Defizite, Dysbalancen und Gelenkprobleme detailliert testen sowie im Anschluss durch individuelle isokinetische Trainingsprogramme ausgleichen – besonders wertvoll in der Return-to-play-Phase nach einer Verletzung. Außerdem ermöglichen solche Geräte die exakte Dokumentation sämtlicher Tests und Trainingseinheiten (lesen Sie hier, wie Sie Isokinetik als Erfolgsbooster in Therapie und Training einsetzen können).
Nach Verletzungen kann auch Training auf dem Anti-Schwerkraft-Laufband AlterG wertvolle Dienste leisten: „Das AlterG ist in der postoperativen Phase einfach nicht zu übertreffen”, sagt Tim Höper. „Damit können wir eine Person beispielsweise schon zwei Tage nach einer Meniskus-OP aufs Laufband stellen und unter 80 Prozent Gewichtsentlastung gehen lassen. Das ist noch nicht einmal im Therapiebecken möglich, da bei frischer OP-Wunde der Kontakt mit Wasser ja noch nicht erlaubt ist.“ Auch bei Amateursportlerinnen und -sportlern mit Rücken- oder Hüftschmerzen setzt Höper das AlterG ein, um die sportartspezifischen Bewegungen unter geringer Belastung zu trainieren.
Elektrotherapie als sinnvolle Ergänzung in der Praxis
Ergänzend nutzen Höper und seine Kollegen in ihrem Rehazentrum auch die Möglichkeiten der Elektrotherapie. So kann man durch Ultraschall- und Reizstromtherapie, etwa mit dem IONOSON-Expert von PHYSIOMED, Schmerzen im Bewegungsapparat auf sanfte Weise lindern und die Muskulatur kräftigen – je nachdem, ob mittel- oder niederfrequente Ströme angelegt werden. Das Gerät erlaubt außerdem die Anwendung von galvanischem Strom (Gleichstrom) zur Durchblutungsförderung und Schmerzdämpfung. Außerdem lassen sich damit Präparate auf sanfte Weise ins Gewebe einbringen (Iontophorese).
Besonders bei frischen Verletzungen, postoperativen Zuständen und offenen Wunden schätzen viele Physios auch die Arbeit mit Deep Oscillation. Das innovative Gerät erzeugt durch elektrostatische Anziehung und Reibung Schwingungen direkt im Gewebe und erreicht damit auch tiefe Gewebeschichten. Damit lassen sich Schmerzen lindern, Entzündungen reduzieren und die Geweberegeneration fördern. Wie das in der Praxis funktioniert, lesen Sie hier.

Wie komme ich als Physio ins Tennis?
Auf dem Weg zum Tennis-Physio stellt sich für viele Therapeutinnen und Therapeuten die Frage: Wie fange ich an? Tim Höper rät, sich zunächst im eigenen Umfeld umzuschauen – etwa über regionale Vereine oder Kooperationen mit Sportzentren: „Gerade im Amateurbereich ist eine gute Betreuung Gold wert”. Im Idealfall ist man regelmäßig am Trainingsplatz präsent, bringt eine eigene Bank mit und bietet vor Ort Regeneration, Massagen, Taping oder Beweglichkeitschecks an. Finanziert wird die Sportlerbetreuung bei Amateuren meist von den Vereinen, wobei die Physiotherapeuten dann meist mehrere Spielerinnen und Spieler betreuen. Im Profibereich zahlen fast immer die Sportlerinnen und Sportler selbst – und wer Großes vorhat, lässt sich gute Betreuung durchaus etwas kosten.
Allerdings haben alle mal klein angefangen, und so kann gerade der Jugendbereich für Physios ein guter Einstieg sein. Viele starten auf 450-Euro-Basis, betreuen einige Jugendspieler und wachsen dann in diese Arbeit hinein. „Viele Jugendliche trainieren intensiv, sind aber noch in der körperlichen Entwicklung. Da ist das Risiko für Überlastungen besonders hoch – und damit eine professionelle Begleitung umso wichtiger“, weiß Tim Höper. „Es geht hier schließlich um die Zukunft der jungen Leute, denn vielleicht wird aus dem einen oder der anderen ja mal ein erfolgreicher Amateur oder sogar ein Profi.”