Gerätetraining in der geriatrischen Reha? Aber ja! Gezielte Kräftigung und Stabilisierung stärken bei alten Menschen nicht nur Muskeln und Mobilität, sondern auch Mut und Selbstvertrauen – selbst bei Multimorbidität und chronischen Beschwerden. Lesen Sie, welche innovativen Geräte und Tools die Arbeit mit betagten Patientinnen und Patienten in der Physiotherapie erleichtern. Und das Beste: Ärzte können KGG bei Senioren ab dem 70. Lebensjahr extrabudgetär und damit unbegrenzt verschreiben.

Geriatrische Patientinnen und Patienten bringen nicht nur graue Haare und viel Lebenserfahrung mit, sondern oft auch ein ganzes Paket an Diagnosen – von orthopädischen Leiden über Herz-Kreislauf-Beschwerden bis hin zu neurologischen Erkrankungen wie Parkinson oder Symptomatiken nach Schlaganfall. Hinzu kommt der altersentsprechende Abbau von Muskeln und Knochen bis hin zu ausgeprägter Sarkopenie und Osteoporose. „Dies führt häufig zu Unsicherheiten im täglichen Leben, vor allem zu verminderter Reaktionsfähigkeit und infolge davon zu Gangunsicherheit, was die Lebensqualität und die Fähigkeit zu Aktivität und Partizipation enorm beeinträchtigt”, sagt Eibo Schwitters, Physiotherapeut und Senior Product Manager Medizinische Trainingstherapie bei der PHYSIOMED GROUP. „In solchen Fällen neigen viele Ärzte und Physios zu passiven Behandlungsansätzen – vor allem bei Patienten, die durch Untergewicht oder Sarkopenie ohnehin schon geschwächt sind. Dabei können wir viele Menschen mit gezieltem Training am Gerät unterstützen, einen Teil ihrer Kraft und Beweglichkeit wiederzuerlangen und aktiv am Leben teilzunehmen.”

Offene Konstruktion erleichtert den Einstieg
Ganz wesentlich ist bei der Arbeit mit betagten Patienten die sorgsame Auswahl der Geräte. „Bei alten Menschen bereitet häufig schon der Einstieg Probleme”, weiß Eibo Schwitters. „Es fehlt ihnen an Beweglichkeit oder sie haben schlicht Angst, beim Einstieg zu fallen oder sich zu verletzen.” Hilfreich sind hier Kraftgeräte wie beispielsweise die Funktionsstemmen der proxomed-Linien compass 540 und compass 600. Sie verfügen über einen großen, freien Durchstieg, der auch alten und/oder bewegungseingeschränkten Menschen die sichere Einnahme der Trainingsposition ermöglicht. Gleiches gilt für den Liege-Ergometer kardiomed 700 comfort cycle, der neben entspanntem Training ebenfalls das leichte Einsteigen ermöglicht – perfekt auch für Patientinnen und Patienten mit Gleichgewichtsproblemen. In der geriatrischen Reha hat sich außerdem bewährt, dass die proxomed-Kraftgeräte mit ihren Gewichtsplatten von 5 oder 10 kg in Abstufungen von 1 bzw. 2 kg reguliert werden können, also sehr fein dosiert auf die Bedürfnisse der Patienten einstellbar sind.

smart assist: Innovative Software für Trainingsführung und Motivation
Als wertvolles Tool in der Arbeit mit Senioren hat sich auch das smart assist System bewährt, das an allen Kraftgeräten der proxomed-Linien compass 540 und compass 600 zur Verfügung steht. Über verschiedene Testverfahren ermittelt das System zunächst den Ausgangszustand des Trainierenden für Maximalkraft und Bewegungsamplitude. Das vom Therapeuten – gerne auch mit Unterstützung der Trainingsplanungssoftware proxoforce – erarbeitete Trainingsprogramm wird digital erfasst und dem Patienten nach Anmeldung per RFID-Karte oder -Band an jedem Gerät über einen farbigen, hochauflösenden 8-Zoll-Touchscreen angezeigt.
Durch die Bedienung per Fingertipp und die großen Symbole können auch ältere Personen das Gerät kinderleicht handhaben. Angezeigt wird ihnen beispielsweise die exakte Einstellung der Trainingspositionen und des Trainingsgewichts, so dass sie ihr Training schnell und sicher starten können. Noch einfacher funktioniert dies mit der optionalen Positionssensorik, die bei compass 600 optional zur Verfügung steht. Hierbei werden die für den Patienten passenden Geräteeinstellungen nicht nur beim ersten Test oder Training automatisch gespeichert und beim nächsten Training auf dem Touchscreen angezeigt. Die Software überprüft auch die Positionierung und signalisiert deren Korrektheit optisch und akustisch.
Direktes Feedback und viel Spaß am Bildschirm
Besonders hilfreich ist für viele Seniorinnen und Senioren auch das visuelle Trainings-Feedback auf dem Monitor. Der Patient sieht dort nicht nur, wie die Übung auszuführen ist, sondern kann auch anhand eines definierten Bewegungsablaufs ganz genau ablesen, wie korrekt er dies tut – und das Beste: „Er kann sich sofort korrigieren und versuchen, in die Nähe des gewünschten Bewegungsausmaßes zu kommen. Das macht vielen älteren Menschen sogar richtig Spaß, weil sie die Herausforderung annehmen und meistern wollen”, erklärt Eibo Schwitters. Der Patient lernt also, die konzentrische/exzentrische Muskelspannung bewusst zu steuern, was ihm nicht nur beim Training, sondern auch im Alltag mehr Selbstkontrolle und Sicherheit geben kann.

Innovation bei Gangunsicherheit: Perturbationstraining auf dem Laufband
Viele ältere Patientinnen und Patienten leiden unter Unsicherheit beim Gehen. Sie fühlen sich instabil und gehen unkoordiniert – ein Handicap, das ein freies und selbstständiges Leben stark einschränken kann. Gehtraining auf einem normalen Laufband kommt aufgrund der Instabilität nicht infrage, obwohl diese Menschen konsequent trainieren sollten, um einem weiteren Kraftverlust und eventuellen Stürzen vorzubeugen. Eine revolutionäre Lösung bietet hier das Modul Perturbation, das h/p/cosmos für seine neuesten Laufbänder der Serien quasar, pluto und mercury anbietet.
„Das Modul provoziert durch unerwartete Änderungen der Laufband-Geschwindigkeit Gangunsicherheiten, die im Alltag zu Stolpern, Ausrutschen oder Stürzen führen könnten”, erklärt Eibo Schwitters. „Der Patient wird dabei über eine Sicherheitsaufhängung oder ein Gewichtsentlastungssystem gehalten. Er kann also nicht stürzen, sondern auf sichere Art und Weise trainieren und so seine Gangstabilität steigern und die Sturzneigung immer mehr reduzieren.” Die Abfolge der Perturbationen wird vom Laufband zufällig erzeugt, allerdings kann der Therapeut die Geschwindigkeit des Laufbands sowie Frequenz, Intensität und Dauer der Störeinflüsse individuell einstellen.
Darüber hinaus ermöglicht das Perturbationsmodul auch „Dual Tasking“. Dabei erhalten die Patientinnen und Patienten während der Nutzung des Laufbands kognitive Aufgaben, die von der physischen Aktivität des Gehens ablenken sollen. „Sie befassen sich im Kopf mit einer Frage, die auf dem Bildschirm gestellt wird – und plötzlich bremst das Laufband ab. Dies simuliert alltägliche Situationen, in denen körperliche und geistige Herausforderungen zeitgleich bewältigt werden müssen”, so Schwitters.
Schwerelos laufen, Durchblutung und Lymphabfluss fördern
Bei manchen Patienten ist jedoch das Gehen auch mit Perturbationsmodul (noch) nicht möglich, etwa weil aufgrund ärztlicher Anordnung nach Hüft- oder Kniegelenkersatz, bei Arthrose oder schwerer Adipositas eine konsequente Teilentlastung indiziert ist. In solchen Fällen ebnet das Anti-Schwerkraft-Laufband AlterG durch stufenlose Gewichtsentlastung einen sanften Weg zurück zum entspannten Gehen. Nach OP der unteren Extremitäten kann auch die Intermittierende Vakuumtherapie (IVT) im vacumed eine große Hilfe sein. Sie fördert die Durchblutung und den Lymphabfluss, beschleunigt die Wundheilung, erleichtert die Mobilisation durch schnelle Abschwellung, etwa bei Ödemen, und reduziert Schmerzen. „Gerade ältere Patienten berichten immer wieder begeistert von der wohltuenden Wirkung der IVT – und viele fragen immer wieder ganz gezielt danach, wenn sie das einmal erlebt haben”, so Eibo Schwitters.
KGG-Rezept für Senioren ab 70 unbegrenzt verschreibbar
Betagte Menschen haben gute physiotherapeutische Begleitung verdient – und sie sind für die Physiopraxis eine lukrative Zielgruppe. Krankengymnastik am Gerät (KGG) kann nämlich für Patientinnen und Patienten ab dem 70. Lebensjahr unbegrenzt verschrieben werden, ohne das Budget der Arztpraxis zu belasten. Das heißt, dass für diese Personen bei bestimmten Diagnosen der besondere Verordnungsbedarf (BVB) grundsätzlich gilt, etwa bei Osteoporose oder Inkontinenz. Informieren Sie Ihre betagten Patienten und deren Ärzte! Denn oft ist das noch gar nicht bekannt. So entgeht den Senioren eine Menge Gesundheitspotenzial für wenig Geld und Ihrer Praxis eine gute Einnahmequelle.
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