Physiotherapie bei Schulterdiagnosen

Die Blankoverordnung bei Schulterdiagnosen ist in Kraft. Dies bedeutet, dass Physios bei Frakturen, Impingement, Arthrose und vielen anderen Beschwerdebildern ihre gesamte therapeutische Expertise ausspielen können – zugunsten der Patientinnen und Patienten. Lesen Sie, mit welchen Tools und Geräten Sie Menschen mit Schultererkrankungen wieder in die Beweglichkeit und in einen gesunden Alltag begleiten.

Foto: iStock/Albina Gavrilovic

Diagnose: Physio-Blick, Hände und Isokinetik

„Für die exakte Diagnose arbeiten wir zunächst mit den Händen und unserer physiotherapeutischen Expertise“, so Christian Müller. Dabei werden sehr eingehend die einzelnen Strukturen getestet. Man ermittelt beispielsweise bei einem Impingement den Painful Arc und nutzt unterschiedliche Grifftests, um das Krankheitsbild möglichst genau einzugrenzen.

Wertvolle Hilfe bietet hier auch ein Isokinet: „Wir müssen immer bedenken, wie wichtig im Rahmen der Blankoverordnung neben der Therapie auch Assessment und Dokumentation sind“, betont Müller. Geräte wie der CSMi Humac Norm oder CON-TREX MJ ermöglichen nicht nur zielgerichtete Therapie und Training, sondern auch sehr differenzierte Analysen, etwa die exakte Kraftmessung oder die Erfassung des Bewegungsradius in einem Gelenk. „Bei einer akuten Fraktur können wir das Bewegungsausmaß passiv messen und gleichzeitig detailliert dokumentieren“, so der Therapeut. Dagegen braucht es bei Beschwerden wie einem Impingement-Syndrom bereits im frühen Therapieverlauf verschiedene Krafttests. „Da wir beim Isokineten nicht über Gewichte, sondern über Winkelgeschwindigkeiten messen, lässt sich der Kraftaufwand in jedem Gelenkwinkel exakt abbilden und dokumentieren – das bietet kein anderes Gerät“, betont Müller (lesen Sie hier, wie Sie die Isokinetik für Tests, Therapie, Training und Dokumentation nutzen können).

Zur Verifizierung und Therapieplanung bei Schulterdiagnosen leisten auch die Kraftgeräte der compass-Serien wertvolle Dienste – vor allem in Verbindung mit der innovativen Software proxoforce, die ebenfalls unterschiedlichste Tests, etwa zu Maximalkraft und Bewegungsausmaß, sowie eine detaillierte Dokumentation erlaubt.

Foto: iStock/sumaki

Arthrose und Impingement: Mobilisation und sanfte Kräftigung

Sowohl bei Schulterarthrosen als auch beim Impingement-Syndrom spielt neben der Mobilisation die Kräftigung der umgebenden Muskulatur eine wesentliche Rolle. „Vor allem müssen wir die Stellung des Humeruskopfes korrigieren, der oftmals zu weit vorne und zu weit oben steht, was zu einer Enge unter dem Schulterdach führt”, erklärt Christian Müller. Sanftes Krafttraining steht hier im Fokus: „Ich kombiniere hier Latzug, Rudermaschine und Butterfly Reverse, weil dieser Geräte unterschiedliche Strukturen und Bewegungsrichtungen ansprechen”, so der Physio.

Der Schulterblattfixator (Latzug) trainiert in erster Linie den großen Rückenmuskel (Lattisimus dorsi), der den Oberarmkopf nach unten zieht und damit mehr Platz zwischen Schulterdach und Schulterkopf schafft. Mit der Rudermaschine oder dem Seilzug trainiert man die Außenrotation und unterstützt dadurch die Aufrichtung im Bereich des Schultergürtels – sehr wichtig in Zeiten, da viele Menschen sich durch Laptop, Tablet, Handy und Co. meist in der Innenrotation befinden. Der Butterfly Reverse (milon Q MED oder Haltungs-/Bruststabilisator) trainiert durch die Bewegung nach hinten über den gestreckten Arm und den horizontalen Schultergürtel sowohl die Schulterblattmuskulatur als auch das skapulothorakale Gleitlager. Ergänzen lässt sich das Training bei Impingement noch durch die Schulterpresse, die in erster Linie den Oberarmkopf in der Pfanne entlastet.

Foto: iStock/Paola Giannoni

Glenohumerale Instabilität: Wenn das Schultergelenk „wackelt”

Als sensibles Thema erweist sich immer wieder die Instabilität des Schultergelenks – sowohl für Patientinnen und Patienten als auch für die behandelnden Physios. Da ein instabiles Schultergelenk stetig die Gefahr einer (Sub-)Luxation birgt, muss man in der Physiotherapie besonders achtsam vorgehen, also immer strikt die Grenzen einhalten, die das Gelenk vorgibt: „Hier ist in erster Linie das Knowhow des Therapeuten oder der Therapeutin gefragt”, betont Christian Müller. „Wir müssen sehen, wo die Schwachstelle liegt, wo die Schulter ausgetreten ist und wie gut das Gelenk Belastungen toleriert.” Auch hier ist der Isokinet das erste Mittel der Wahl, denn mit ihm lassen sich einzelne Gelenkstellungen in der Bewegung trainieren bis zu den Geraden, die möglich sind. Am besten startet man im Bereich der Isometrie und geht dann langsam über den assistiven zum aktiven Modus über. Manuelle Mobilisationstechniken können in dieser Phase die Beweglichkeit unterstützen.

Im weiteren Verlauf gilt es durch funktionelles Training die muskulären Strukturen um das Gelenk herum zu stabilisieren. Beim Gerätetraining muss man auch weiterhin den Bewegungsradius so limitieren, dass riskante Scherkräfte nicht überschritten werden. Beispielweise darf man beim Haltungs-/Bruststabilisator nicht zu weit in die Bewegung nach vorne oder hinten gehen, um nicht zu viel Druck auf das Gelenk auszuüben – je nachdem, wo die Instabilität lokalisiert ist. Noch mehr als bei anderen Diagnosen ist bei Schulterinstabilität darauf zu achten, dass der Patient oder die Patientin gut angeleitet wird und die Bewegung wirklich exakt ausführt.

Lesen Sie in der nächsten proxovision, wie Sie Ihre Patientinnen und Patienten in der Akutphase einer Schultererkrankung durch Elektrotherapie, Ultraschall, Tiefenoszillation und Kryotherapie unterstützen können.

Veröffentlicht am 25.08.2025