Verletzungen im Sport sind teuer: Sie kosten die Vereine jedes Jahr eine Menge Geld. Vor allem aber bezahlen die Sportlerinnen und Sportler – nämlich mit ihrer Gesundheit. Ein Schlüssel zur Vermeidung von Verletzungen ist professionelle Prävention, die stets individuell auf die Person und die Anforderungen der jeweiligen Sportart zugeschnitten sein muss. Erfahren Sie, wie Physiopraxen mit Expertise und passendem Equipment unterstützen und sich durch Präventionsprogramme langfristig interessante Zielgruppen erschließen können.
Im aktuellen VBG-Sportreport, der Ende 2024 erschienen ist, befasst sich die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) ausführlich mit dem Thema „Return on prevention” (Was Prävention bringt). Allerdings zeigt die Studie in erster Linie, welch immense finanzielle Verluste Verletzungen von Sportlerinnen und Sportler den Vereinskassen einbringen. Der Report geht nicht darauf ein, wie gute Präventionskonzepte aussehen könnten. Dabei haben Sportwissenschaft und -medizin in den letzten 30 Jahren große Fortschritte in der Verletzungspräventionsforschung und -anwendung erzielt. Die Umsetzung von theoretischem Wissen in die Praxis bleibt eine große Herausforderung für alle Beteiligten und sie bietet vielversprechende Zukunftschancen – auch für die Physiotherapie.

Hoher Bedarf an Prävention im Sportbereich
„Prävention im Sportbereich ist ein interessantes und gleichzeitig schwieriges Thema”, sagt Barbara Schaefers. Die Sportwissenschaftlerin und Physiotherapeutin koordiniert bei der Augustinus Sportmedizin im Rahmen des Leistungsverbunds KERN ein interdisziplinäres Netzwerk aus Medizinerinnen und Medizinern unterschiedlicher Fachbereiche, Sportwissenschaftlerinnen und Physiotherapeuten. Unter dem Motto „Rundum sportgesund!“ betreut das Team auch Hochleistungs- und Amateursportler, etwa die Fußballer von Rot-Weiss Essen. „Der Bedarf an professioneller Prävention ist wirklich elementar und sehr hoch, aber für Physiopraxen stellt sich immer die Frage, wie Prävention auch wirtschaftlich sein kann, wie man sie also über die Kassenversorgung abdecken kann”, so die Expertin. „Auf der anderen Seite bietet Prävention den Praxen viele Vorteile, denn sie ist zeitlich genau planbar – anders als Reha nach Verletzungen. Ein Präventionsangebot ermöglicht in der Praxis also eine große Flexibilität.”
Ein weiteres Plus für niedergelassene Physiotherapeuten und Rehazentren: Während früher viele Sportvereine – vor allem im höherklassigen Bereich – eigene Therapiezentren betrieben oder mit einem einzigen Rehazentrum kooperierten, ist dies vielen Vereinen zu teuer geworden. Das heißt: Die Sportlerinnen und Sportler drängen in lokale Praxen, die neben Physiotherapie für ihre Bestandskunden zunehmend auch Sportlerbetreuung anbieten.

Tests und Dokumentation als Basis für wirksame Prävention
Als Grundlage für wirksame Prävention empfiehlt Schaefers mindestens einmal pro Jahr eine qualifizierte sportmedizinische Untersuchung, die dann auch zu guten Verordnungen führen kann. Zu Beginn eines systematischen Präventionstrainings gilt es dann in der Physiopraxis durch geeignete Testbatterien den Ist-Zustand zu ermitteln und zu bewerten. „Die Tests müssen natürlich exakt auf die jeweilige Sportart und ihre Leistungsanforderungen zugeschnitten sein und sollten häufig wiederholt werden – egal, ob man manuell testet oder mit technischer Unterstützung”, betont Schaefers. Für professionelle Prävention gilt es innerhalb der Disziplin sogar positionsspezifisch zu differenzieren. Hierzu muss man nicht nur die individuellen Voraussetzungen des Sportlers exakt erfassen, sondern auch die Bewegungsmuster der Sportart sehr genau verstehen.
Es ist daher naheliegend, dass Physios ihre Präventivprogramme in erster Linie für Sportarten anbieten, die sie selbst gut kennen. Idealerweise sind oder waren sie sogar selbst aktiv und sind mit den Belastungsprofilen sowie den physischen und mentalen Herausforderungen der jeweiligen Disziplin vertraut. Auch eine Trainerausbildung und/oder eine Qualifikation für Sportphysiotherapie ist hilfreich, da hier die trainingswissenschaftlichen Grundlagen für gute Prävention vermittelt werden, etwa die richtige Relation von Belastung und Erholung oder das Prinzip der Individualität und des altersgemäßen Trainings. „Unerlässlich sind neben hoher physiotherapeutischer Expertise auch ganzheitliche Kenntnisse der anatomischen und neurophysiologischen Korrespondenzen im Körper, um möglichst frühzeitig sensomotorische und Mobilitäts-Defizite zu erkennen, zu vermeiden und zu regulieren”, so die Sportwissenschaftlerin.
Isokinetik für Tests, Training und Rehabilitation
Eines der wertvollsten Verfahren in der Sportlerbetreuung ist die Isokinetik, mit der sich der Leistungsstand sehr exakt ermitteln lässt. „Isokinetik ist gerade bei Leistungssportlern sehr hilfreich, da man den gesamten Test-, Trainings- und Therapieverlauf exakt dokumentieren kann”, erklärt Schaefers. „Das heißt: Man kann und man sollte regelmäßig re-testen und dann die Ergebnisse ganz spezifisch vergleichen.”
Isokinetische Test- und Trainingssysteme wie das Biodex System 4 ermöglichen exakte Testungen in der Prävention ebenso wie anforderungsgerechtes Training und zielgerichteten Aufbau nach Verletzungen. Im Präventionsbereich misst und dokumentiert das Gerät muskuläre Defizite, Dysbalancen und Gelenkprobleme. Die Ergebnisse werden anschließend vom System so aufbereitet, dass sie sich direkt in individuelle isokinetische Trainingsprogramme umsetzen lassen – zur Steigerung der Leistung und um Verletzungsrisiken zu minimieren. Lesen Sie hier, wie genau Sie Isokinetik in der Sportlerbetreuung nutzen können.
Multimodale Konzepte für wirkungsvolle Prävention
Wenn Prävention langfristig die Leistungsfähigkeit erhalten oder steigern und Verletzungen vorbeugen soll, braucht es zunächst ein schlüssiges Konzept, das viele Elemente einschließt. „Natürlich sind Kraft- und Ausdauertraining unverzichtbar, aber wir wissen auch, wie wichtig beispielsweise neuronale Ansteuerungsübungen und edukative Elemente sind”, betont Barbara Schaefers. „Wir müssen die Sportler in die Selbstwirksamkeit bringen, bevor ein Problem entsteht – vor allem in Sachen Regenerations- und Stressmanagement. Solche präventiven Konzepte sind selbst im Profifußball häufig nicht strukturiert genug.”

Neuroathletiktraining unterstützt wirkungsvolle Prävention
Aktuelle Forschungen in Neuro- und Sportwissenschaften belegen immer mehr die Zusammenhänge zwischen Körper, Gehirn und Nervensystem. Barbara Schaefers empfiehlt deshalb in ein Präventionsprogramm unbedingt auch Neuroathletiktraining zu integrieren. Diese Trainingsmethode rückt das zentrale Nervensystem in den Fokus, um die Bewegungssteuerung zu optimieren und die körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern – und dies ganz ohne hochtechnische Geräte.
Im Gegensatz zum klassischen Athletiktraining, das sich auf Muskelaufbau und Herz-Kreislauf-Training konzentriert, nutzt man bei der Neuroathletik sensomotorische Übungen, die Propriozeption (Körperwahrnehmung), visuelle Wahrnehmung und Gleichgewicht trainieren. Dies unterstützt die Neuroplastizität, also die Fähigkeit des Gehirns, sich anzupassen und zu verändern, sowie auch die Kommunikation zwischen Gehirn, Nervensystem und Körper. Durch erhöhte Plastizität kann das System schneller und besser reagieren, was entscheidend zur Verletzungsprophylaxe beiträgt.
Beispiele für Neuroathletik-Übungen:
- Balanceübungen wie Einbeinstand oder Übungen auf instabilem Untergrund (z. B. Balance-Board) verbessern Gleichgewicht und Körperhaltung.
- Visuelle und vestibulo-motorische Übungen wie die Verfolgung von sich bewegenden Objekten (z. B. mit der D-Wall), Kopf- und Augenbewegungen oder die Integration visueller und vestibulärer Reize (Teamwork zwischen Sehen und Gleichgewicht), regen Raumgefühl und Bewegungskoordination an.
- Propriozeptive Übungen, etwa mit Widerstandsgummis, oder auch spezielle Schuh- oder Fußbett-Übungen verbessern das Körpergefühl und die propriozeptive Wahrnehmung.
- Eine Kombination der Übungen, bei der man möglichst viele Sinnesorgane einbezieht, verbessert die Bewegungsqualität oder ermöglicht größere Bewegungsamplituden.
Das bringt Neuroathletiktraining:
- bessere Bewegungssteuerung (Koordination, Beweglichkeit und Gleichgewicht)
- schnelleres Erlernen neuer motorischer Aufgaben
- gesteigerte körperliche Leistungsfähigkeit (Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer)
- schnellere Regeneration nach Sport
- schnellere Rehabilitation nach Verletzungen
- Stärkung der neurologischen Funktionen
Wirkungsvolle Prävention braucht also nicht unbedingt hochkomplexes Equipment. Bei Testung und Training gibt auch der Körper selbst wertvolle Informationen – vorausgesetzt, der Therapeut weiß diese zu lesen und zu interpretieren. Von großer Bedeutung ist dabei ein langfristiges Konzept, das die unterschiedlichsten Aspekte einschließt: „Prävention ist nicht einmal. Prävention ist ein Prozess, den man strukturiert aufbauen und regelmäßig durch Testungen absichern muss”, so die Sportwissenschaftlerin Barbara Schaefers. Mit profunder Expertise, passenden Tools und unterstützender Technik können sich Physiopraxen auf Prävention für Sportlerinnen und Sportler spezialisieren und sich langfristig interessante Zielgruppen erschließen.
Tipp: Machen Sie in Ihrer Werbung explizit klar, dass Sie nicht nur verletzte Fußballerinnen, Handballer oder Tennisspielerinnen wieder fit machen. Sie tragen auch entscheidend dazu bei, Verletzungen von vornherein zu vermeiden. Ein unbezahlbares Plus, das Geld und Tränen spart – und das viele Vereinsverantwortliche noch gar nicht auf dem Schirm haben.