Kürzlich war der TÜV zu Gast: Fünf Tage lang nahmen zwei Auditorinnen sämtliche Abläufe der PHYSIOMED GROUP unter die Lupe. Alle Standorte der Marken proxomed, PHYSIOMED und ERGOFIT wurden auf Herz und Nieren geprüft, Dokumente gecheckt, Maschinen begutachtet und Mitarbeitende befragt. Das Ergebnis: Alles bestens. Die neuen Zertifikate sind bereits ausgestellt. Jan Schneider, Leiter Regulatory Affairs der PHYSIOMED GROUP, war beim Audit dabei und erzählt, wie das ablief.

Die letzte Auditierung war ein Riesen-Coup: Als der TÜV Süd Ende Januar 2025 in Schnaittach, Alzenau und Pirmasens auflief, war das kein normaler Prüfungsvorgang, wie er regelmäßig vorgeschrieben ist. Vielmehr ging es darum, nach der Fusion von proxomed und PHYSIOMED sowie der Übernahme von ERGOFIT für das neue Unternehmen einheitliche Prozesse zu etablieren und zu zertifizieren. Eine Mammutaufgabe für die Regulatory Affairs Manager der drei Marken und für die beiden Damen vom TÜV. „Wir hatten die Wahl, für alle drei Marken das bisherige Qualitätsmanagement-System (QMS) weiterzuführen oder alles zu vereinheitlichen”, sagt Jan Schneider. Als Investition in die erfolgreiche Zukunft des Unternehmens entschied man sich für eine einheitliche QMS-Lösung, so wie auch alle anderen Geschäftsbereiche zurzeit auf eine Linie gebracht werden – von Fertigung und Vertrieb bis hin zu den kleinsten Details in der Software.
Als leitender Beauftragter für Qualitätsmanagement (Regulatory Affairs) bei der PHYSIOMED GROUP wacht Jan Schneider über die Einhaltung sämtlicher gesetzlichen Vorschriften und regulatorischen Anforderungen bei der Entwicklung, Herstellung, Zulassung und Vermarktung der Geräte. Das heißt: Er sorgt dafür, dass ein Qualitätsmanagementsystem vorhanden ist und den gesetzlichen Anforderungen entspricht, dass alle Prozesse im Unternehmen dokumentiert werden und diese Dokumentationen vollständig, transparent und immer aktuell sind. Dabei arbeitet er eng mit den einzelnen Teams im Unternehmen zusammen.
Qualitätsmanagement zum Wohle der Patientinnen und Patienten
In der EU ist jeder Hersteller von Medizinprodukten verpflichtet, ein dokumentiertes Qualitätsmanagement-System nach der neuen EU-Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation: MDR) und der ISO-Norm 13485 zu führen. Für bestimmte Produktklassen besteht darüber hinaus die gesetzliche Verpflichtung, das QM und die dazugehörigen Prozesse regelmäßig durch eine sogenannte Benannte Stelle überprüfen und zertifizieren zu lassen. „Das ist auf der einen Seite eine lästige Pflicht”, so Schneider. „Andererseits ist uns bewusst, dass wir als Hersteller von Medizinprodukten eine hohe Verantwortung tragen. Schließlich geht es bei unseren Geräten um die Gesundheit und Sicherheit von Menschen – und damit verfolgen wir im Grunde die gleichen Ziele wie der TÜV."
Ein besonderer Qualitätsbeweis: Obwohl die Verfahren bei Medizinprodukten der Klasse I, wie etwa einfachere Ergometer und Kraftgeräte, viel weniger aufwändig sind als bei komplexen Geräten für MTT oder Elektromedizin, entschied sich die PHYSIOMED GROUP, sämtliche Geräte und Prozesse nach dem höchsten Anforderungsprofil zertifizieren zu lassen – zur größtmöglichen Sicherheit der Patientinnen und Patienten.
Audits oder Auditierungen (von lat. audire: hören) sind Werkzeuge des Qualitätsmanagements. Sie dienen dazu, die Qualität und Sicherheit von Produkten und Dienstleistungen zu gewährleisten und zu überprüfen, ob diese den geltenden Anforderungen entsprechen. Beim Audit nach den Vorgaben der Medizinprodukteverordnung (MDR) und der ISO-Norm 13485 zertifiziert eine Benannte Stelle (z. B. TÜV Süd) nicht die Produkte eines Unternehmens, sondern das Unternehmen und seine Prozesse – von der Fertigung bis zur Mitarbeiterschulung. Vorgeschrieben sind:
- großes Audit zur Rezertifizierung: alle 5 Jahre nach Terminvereinbarung
- kleines Überwachungs-Audit: jährlich nach Terminvereinbarung
- Audit ohne Voranmeldung: mindestens einmal in 5 Jahren

So läuft ein Audit ab
Auch wenn die Auditierung Pflicht ist, liegt es in den Händen des Unternehmens, eine Benannte Stelle auszuwählen, dort die Zertifizierung zu beantragen und Termine fürs Audit zu vereinbaren. Dann schickt die Stelle – in unserem Fall der TÜV – „gefühlt 1.000 Fragebögen zum Ausfüllen und erstellt auf dieser Basis den Auditplan”, wie Jan Schneider sagt. Bei der PHYSIOMED GROUP waren zwei Auditorinnen von Montag bis Freitag vor Ort – reihum in Schnaittach, Alzenau und Pirmasens. „Da geht es wirklich vom Wareneingang bis zum Versand einmal quer durchs ganze Unternehmen”, so Schneider, der über fünf Tage das Audit persönlich begleitete, unterstützt von seinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Qualitätsmanagement.
Was wurde alles überprüft?
- Sind alle relevanten Unternehmensprozesse beschrieben und gelebt?
- Sind sämtliche geforderten Dokumentationen vorhanden und vollständig?
- Wie werden die Medizinprodukte entwickelt und geprüft?
- Entsprechen die Produktionsprozesse den Vorgaben und der Dokumentation?
- Werden die Produkte gemäß den Prüfkonzepten überprüft?
- Werden alle Rückmeldungen aus dem Markt erfasst und analysiert?
- Sind die Montageanleitungen korrekt?
- Wie werden die Sicherheitsprüfungen für die Geräte durchgeführt?
- Sind die Prüfanweisungen komplett und korrekt?
- Welche Geräte werden für die Prüfprotokolle verwendet?
- Werden die Sicherheitsvorgaben eingehalten?
- Werden die Mitarbeitenden entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt?
- Wie wird die Qualifikation von Mitarbeitenden sichergestellt?
- Wie werden Mitarbeitende geschult?
- Wer hat an welchen Schulungen teilgenommen?

Der TÜV geht einmal quer durch alle Abteilungen
Ein Teil der Auditierung ist Papierarbeit, bei der die verschiedensten Unterlagen überprüft werden. Im Fokus steht dabei vor allem die technische Dokumentation von Geräten. Der TÜV nimmt hier gern komplexere Medizinprodukte unter die Lupe, etwa die softwaregestützten Gerätelinien von proxomed und die Elektrotherapie-Geräte von PHYSIOMED. „Da wird dann wirklich jedes kleinste Detail in den Unterlagen einem akribischen Check unterzogen”, so Schneider. Sogar er selbst als Leiter Regulatory Affairs wird auditiert: „Da muss ich Rede und Antwort stehen, wie und mit welchen Abläufen ich die Erledigung sämtlicher Aufgaben sicherstelle.”
In der Personalabteilung checkten die Damen vom TÜV, ob es seit der letzten Prüfung neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gab, wie diese eingearbeitet wurden und ob die Schulungsnachweise komplett sind – bis hin zu den Unterschriften des Trainers und der Mitarbeitenden. Da konnte das zuständige Team durch einen ausgefeilten Einarbeitungsplan punkten.
Sehr viel Zeit steckten die Prüferinnen in die Produktionsstätte in Pirmasens. „Das ist immer eine Mischung aus Praxis und Nachweisdokumentation”, erklärt Jan Schneider. Stichprobenartig werden auch einzelne Mitarbeiter befragt. So wandte sich eine Prüferin an einen Schweißer in der Fertigung – ein sicherheitstechnisch besonders heikler Arbeitsplatz. Die Frage nach seinem Schweißerschein und seinen Schulungsnachweisen konnte der junge Mann positiv beantworten, dennoch überprüfte die Auditorin die entsprechenden Unterlagen auch nochmal in der Personalabteilung.

Zertifizierung mit Bravour
Beanstandungen gibt es bei der PHYSIOMED GROUP wenige, aber sie kommen vor – wie in jedem Unternehmen. Schließlich ist Sinn und Zweck der Auditierung, eventuelle Schwachstellen zu ermitteln, zu beheben und damit das Qualitätsmanagement-System und somit das gesamte Unternehmen voranzubringen. „Es kann beispielsweise passieren, dass ein Prozess für Dritte nicht transparent genug beschrieben ist, dass wir eine Anforderung nicht richtig interpretiert haben oder dass irgendwo eine Unterschrift fehlt”, berichtet Jan Schneider. Sollten an der einen oder anderen Stelle regulatorische Anforderungen nicht erfüllt sein, muss die Firma nacharbeiten und wird dann erst zertifiziert. Bei weitreichenden Regelverstößen gibt es sogar weitere Audits. „Das hatten wir aber noch nie”, betont Jan Schneider.
Die PHYSIOMED GROUP hat jetzt also das große Prüfverfahren überstanden, alle Anforderungen von MDR und ISO-Norm erfüllt und das neue Zertifikat erhalten. Den dahinterstehenden Aufwand lassen sich die Benannten Stellen wie der TÜV teuer bezahlen. „So ein Audit kostet richtig viel Geld – ein Grund dafür, dass zertifizierte Medizinprodukte kostspieliger sind als gewöhnliche Fitnessgeräte”, erklärt der QM-Manager. Doch gerade für höherklassige Medizinprodukte ist es eben keine Option, sondern eine gesetzliche Verpflichtung, und am Ende zahlt sich das Vertrauen der Kunden und Behörden in zertifizierte Qualität aus. „Das Verfahren ist extrem aufwändig und manchmal auch nervig”, summiert Jan Schneider. „Aber wir wissen eben auch, wozu wir das machen: Am Ende geht es immer um die Gesundheit der Patientinnen und Patienten und darum, dass wir den Menschen helfen können. Dafür machen wir das alles.”