Der Physiotherapeut, der mit den Händen sieht

Sein Handycap ist kein Hindernis: Seit 2017 betreibt der blinde Physiotherapeut Cem Tören seine eigene Physiopraxis im fränkischen Veitshöchheim. Gemeinsam mit seinem Team bietet er Physiotherapie, Medizinisches Training und Krankengymnastik am Gerät an und folgt damit seiner Berufung: Er wollte immer schon Menschen auf dem Weg zu Gesundheit, Aktivität und Wohlbefinden im Alltag begleiten. Mit klarer Zielsetzung, einem kompetenten Team und technischen Hilfsmitteln bewältigt der Therapeut seinen Alltag.

Cem Tören. Foto: Physiotreff Veitshöchheim

„Ich hab zuerst gar nicht bemerkt, dass Sie blind sind.“ Diesen Satz hört Cem Tören häufig. Neue Patientinnen und Patienten begrüßt der Physiotherapeut mit strahlendem Lächeln, führt sie entspannt und freundlich in den Behandlungsraum. Die meisten aber wissen bereits vor dem ersten Termin im Physiotreff Veitshöchheim, dass der Praxisinhaber mit den Augen nicht sehen kann, denn viele kommen über Mundpropaganda. „Und wenn sie es nicht wissen, dann kommuniziere ich das oder die Kollegin macht das schon bei der Anmeldung. Das war noch nie ein Problem.“

Nach dem Schulabschluss hatte Cem zunächst eine dreijährige Ausbildung zum Pflegefachhelfer absolviert. In dieser Zeit zeigten sich erste Anzeichen seiner Erkrankung: Durch einen genetischen Defekt verlor er immer mehr das Sehvermögen und war im Alter von 21 Jahren völlig blind. Es war abzusehen, dass der Pflegeberuf für ihn nur schwierig zu bewältigen sein würde. Dass der junge Mann mit dem Augenlicht nicht auch noch den Mut verlor, verdankt er unter anderem dem positiven Vorbild in der Familie: Auch sein Vater ist blinder Physiotherapeut und lebte dem jungen Mann vor, dass mit einer gesunden Einstellung sehr viel mehr möglich ist, als viele sich vorstellen können.

Cem Tören. Foto: Physiotreff Veitshöchheim

Partner auf dem Weg: proxomed

Bei der Einrichtung der Praxis orientierte sich Cem zunächst in den leeren Praxisräumen und ließ sich dabei von sehenden Personen beraten. Auf der FIBO war er auf proxomed aufmerksam geworden. „Man muss sich Zeit lassen und die Geräte vor Ort live mit der Hand anschauen, um zu begreifen, wie sie funktionieren“, erklärt er. „Marco Zang von proxomed hat mir Referenzkunden vermittelt, bei denen ich die Geräte anschauen konnte, und dann wurde mir das alles sehr gut erklärt.“ Auch für die zweite Praxis entschied sich der Therapeut wieder für proxomed-Geräte: „Bei mir kommt nichts anderes mehr ins Haus als proxomed“, betont Cem. „Da stimmt einfach alles: die Qualität, die Führung, und das Team ist immer für mich da – auch an Tagen, wo andere Dienstleister nicht verfügbar sind.“

Foto: iStock/Javi Sanz

Sehen mit den Händen

Immer mal wieder kommt es vor, dass eine Patientin oder ein Patient staunt, mit welcher Leichtigkeit Cem durch die Praxisräume steuert. Dass er nicht sehen kann, ist kaum zu bemerken. Doch nicht nur in seiner Praxis bewegt sich der Therapeut mit traumwandlerischer Sicherheit. Auch bei der Behandlung gibt es für ihn keine Hürden. „Das ist ganz einfach“, erklärt er: „Alles, was der sehende Therapeut mit den Augen macht, mache ich mit der Hand. Außerdem habe ich gelernt, mich gut an Geräuschen zu orientieren – gerade bei den verschiedenen Geräten.“ Manchmal mahnt er sogar seine sehenden Kollegen: „Nicht sehen, sondern fühlen. Das ist viel besser, denn minimale Fehler sieht man mit den Augen oft gar nicht.“

Dass Patienten skeptisch sind oder gar die Behandlung eines blinden Therapeuten ablehnen, hat Cem noch nie erlebt. „Akzeptanz von Behinderten ist zwar allgemein in der Gesellschaft noch ein Thema, aber im Berufsleben geht es in erster Linie darum gut rüberzukommen. Wir Blinden müssen immer ein, zwei Schritte weiter sein als ihr Sehende.“ Als ganz besondere Leistung möchte der Therapeut seine Arbeit übrigens nicht verstanden wissen: „Das können andere auch. Alles ist möglich – man muss es nur wollen.“

Veröffentlicht am 12.03.2024