Die Zeiten haben sich geändert: Wenn eine Physiopraxis neue Mitarbeiter sucht, sind es nicht mehr die Bewerberinnen und Bewerber, die im Vorstellungsgespräch mit allen Mitteln auftrumpfen müssen, um die Stelle zu bekommen. Vielmehr hat der Fachkräftemangel dazu geführt, dass Praxisinhaber sich anstrengen müssen, um ihre Praxis attraktiv zu präsentieren. Lesen Sie, wie Sie in einem gut geführten Job-Interview qualifizierte und motivierte Teammitglieder für Ihre Praxis gewinnen.

Das Vorstellungsgespräch ist bei der Suche nach neuen Mitarbeitern der wichtigste Schritt. Hier können sich beide Seiten persönlich kennenlernen und prüfen, ob sie fachlich und menschlich zusammenpassen. Als Praxisinhaber wollen Sie in kurzer Zeit herausfinden, wer die andere Person ist, welche Qualifikationen sie mitbringt und ob sie zu Ihrem Team und den Anforderungen der Praxis passt. Auf der anderen Seite müssen Sie davon ausgehen, dass der Bewerber oder die Bewerberin noch zehn andere Angebote hat. Es gilt deshalb, sich selbst als Arbeitgeber und die Vorzüge der Praxis überzeugend darzustellen.
Hierzu können Sie jede Phase des ersten Treffens nutzen – vom freundlichen Willkommen über einen lockeren und motivierenden Gesprächsstil bis zur lebendigen Präsentation der Praxis und des Teams. Da gerade junge Menschen ein Arbeitsumfeld suchen, in dem sie sich voll entfalten können und auch wohl fühlen, punkten Sie mit einer angenehmen Atmosphäre und mit Kommunikation auf Augenhöhe.

Gute Mitarbeitende wünschen sich Wertschätzung – von Anfang an. Setzen Sie sich deshalb bereits vor dem Gespräch intensiv mit dem Bewerber oder der Bewerberin auseinander. Lesen Sie nicht nur den Lebenslauf, sondern informieren Sie sich über Erfahrungen, Fortbildungen und besondere Interessen. Notieren Sie sich gezielte Fragen, die sowohl fachliche als auch zwischenmenschliche Aspekte betreffen.
Tipp: Als Basis für das nächste und alle kommenden Vorstellungsgespräche empfiehlt es sich, Ihre Vorteile als Arbeitgeber einmal strukturiert herauszuarbeiten. Machen Sie dies am besten schriftlich und passen Sie die Inhalte immer mal wieder den aktuellen Gegebenheiten an:
- Was macht Ihre Praxis aus – fachlich und menschlich?
- Welche Werte leben Sie in der Praxis?
- Welche besonderen Benefits bieten Sie?
- Warum sollte ein guter Physiotherapeut ausgerechnet bei Ihnen arbeiten?
Sich immer mal wieder mit der eigenen Markenpersönlichkeit auseinanderzusetzen, stärkt das Bewusstsein der eigenen Werte und ist auch in vielen anderen Situationen hilfreich, in denen es darum geht, sich und Ihre Expertise nach außen zu präsentieren.
Menschen öffnen sich leichter, wenn das Vorstellungsgespräch in einer entspannten, freundlichen Atmosphäre stattfindet. Das Treffen muss also nicht zwingend in einem Büro oder Meetingraum stattfinden. Sie können auch einen anderen hellen und angenehmen Raum nutzen, etwa eine gemütliche Lounge-Ecke oder Ihre Terrasse. Wichtig ist, dass Sie ungestört sprechen können.
Begrüßen Sie den Bewerber herzlich, bieten Sie etwas zu trinken an und starten Sie mit einem lockeren Einstieg, indem Sie beispielsweise über die Anreise oder das Wetter reden. Zur Motivation können Sie auch ein unverfängliches Lob zum Lebenslauf aussprechen: „Schön, dass Sie da sind. Ihr Lebenslauf hat mich echt neugierig gemacht.” Ein angenehmes Gesprächsklima hilft dabei, dass sich beide Seiten offen und authentisch zeigen.

Ein Vorstellungsgespräch soll kein Stresstest und keine Einbahnstraße sein. Anstatt den Bewerber oder die Bewerberin mit Fragen zu löchern, ermutigen Sie die Person, ebenfalls Fragen zu stellen. So erfahren Sie, was ihm oder ihr wichtig ist und können ganz individuell darauf eingehen. Dadurch zeigen Sie Interesse und können eine persönliche Verbindung aufbauen. Nutzen Sie offene Fragen wie:
- Was lieben Sie denn ganz besonders an unserem Beruf?
- Was ist Ihnen in Ihrem Berufsalltag besonders wichtig?
- Welche Therapieformen liegen Ihnen besonders am Herzen?
- Wie stellen Sie sich Ihr ideales Arbeitsumfeld vor?
- Was würde Sie motivieren, langfristig in einer Praxis zu bleiben?
Sie können in die Fragen auch immer mal wieder positive Aspekte Ihrer Praxis einbauen:
- Wir bieten unseren Mitarbeitenden den Raum, ihre Stärken und Leidenschaften voll einzubringen. Wo sehen Sie denn Ihre größten Stärken?
- Wir wollen fachlich immer auf dem neuesten Stand sein und bieten den Teammitgliedern regelmäßig Fortbildungen an. Welche würden sie am liebsten machen?
- Ein entspanntes und unterstützendes Miteinander ist uns sehr wichtig. Wo sehen Sie sich in unserem Team?
- Bei uns können Sie viel bewegen, denn gute Physiotherapie kann Menschen wirklich helfen. Warum sollten wir uns für Sie entscheiden?

4.) Die Praxis als attraktiven Arbeitgeber präsentieren
Nach den ersten Gesprächsphasen ist es wichtig, Ihre Praxis und sich selbst als Arbeitgeber vorzustellen. Gehen Sie dabei auf folgende Punkte ein:
- Arbeitsatmosphäre und Team: Was zeichnet Ihr Team aus? Wie ist die Zusammenarbeit?
- Weiterbildung: Welche Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung bieten Sie?
- Work-Life-Balance: Wie gestalten Sie Arbeitszeiten, Pausen und Urlaubsregelungen?
- Karriereperspektiven: Welche Entwicklungsmöglichkeiten gibt es in Ihrer Praxis?
- Besondere Benefits: Betriebliche Altersvorsorge, Gesundheitsangebote, flexible Arbeitszeiten usw.
Untermauern Sie Ihre Aussagen mit echten Beispielen. Falls Ihr Team besonders harmonisch zusammenarbeitet, können Sie eine Anekdote erzählen. Falls Sie innovative Behandlungsmethoden einsetzen, berichten Sie von den Erfolgen mit konkreten Patienten.
5.) Praktische Einblicke gewähren
Falls möglich, bieten Sie dem Bewerber oder der Bewerberin die Möglichkeit, sich die Praxis anzusehen oder sogar eine kurze praktische Behandlungseinheit durchzuführen. Ein paar Minuten „Beschnuppern” im Team kann oft mehr über die Chemie zwischen Mitarbeitern und Arbeitgeber aussagen als jedes Gespräch.
6.) Den Abschluss richtig gestalten
Zum Ende des Gesprächs geben Sie dem Bewerber die Möglichkeit, letzte Fragen zu stellen. Zudem ist es wichtig, klare Erwartungen und Termine zu kommunizieren:
- Bis wann geben Sie eine Rückmeldung?
- Gibt es weitere Schritte, etwa Unterlagen nachreichen oder Probearbeiten?
- Welche offenen Punkte müssen noch geklärt werden?
Verabschieden Sie dann den Bewerber oder die Bewerberin mit freundlichen Worten und einem Dank für das Gespräch. Falls Sie von einer Person überzeugt sind, können Sie zum Abschluss durchaus sagen, dass Sie einen sehr positiven Eindruck haben und sich eine Zusammenarbeit gut vorstellen können. Damit signalisieren Sie Wertschätzung und Klarheit. Aber Vorsicht: Wecken Sie keine Erwartungen, die Sie dann nicht erfüllen können. Es spricht auch nichts dagegen, eine baldige Rückmeldung zu vereinbaren. Gerade wenn mehrere Kandidaten zur Wahl stehen oder Unsicherheiten bleiben, ist es für beide Seiten sinnvoll, in Ruhe zu reflektieren und erst dann eine Entscheidung zu treffen. So freuen Sie sich am Ende über ein qualifiziertes und motiviertes neues Teammitglied – und wenn Sie jemandem absagen, bleiben Sie dennoch in guter Erinnerung.